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Il Campiello (1996)

von Peter Turrini (*1944) nach dem gleichnamigen Stück von Carlo Goldoni (1707 - 1793)

In Goldonis Fassung entstand der Witz vor allem durch das Aufeinandertreffen zweier italienischer Dialekte, des venezianischen und des neapolitanischen, und durch viele Anspielungen auf damalige Vorkommnisse und Verhältnisse. Die ursprüngliche Absicht Turrini, das Stück ins Deutsche zu übersetzen wurde von ihm aufgegeben, weil die damaligen Verhältnisse nicht unbedingt auf heute übertragbar sind, und weil die Konfrontation zweier heimischer Dialekte durchaus nicht so viel hergibt, wie im Italienischen.
In der Fassung Turrinis treffen zwei verschiedene Arten des Denkens, des Bewußtseins aufeinander. Die armen Leute vom "Campiello" - worunter man einen kleinen Platz in Venedig versteht - repräsentieren das Proletariat, ihr Bewußtsein ist ein proletarisches. Den Gegensatz stellt der Cavaliere dar, ein besserer Herr aus Neapel. Die Begegnung, dieses Aufeinandertreffen, verläuft solange komödiantisch, bis sich die Geister voneinander scheiden, die Klassen voneinander abheben, das Verhalten der Oberen für die Unteren nicht mehr witzig ist, sie in ihrer Existenz bedroht. Sie kündigen das
komödiantische Verhältnis und setzen anstelle des Witzes die Gewalt.

Dies ist kein Stück über gute und schlechte Menschen. Es ist ein Versuch, das Verhalten der Menschen als etwas von Lebensbedingungen und Lebensmöglichkeiten Abhängiges darzustellen. Was für die Leute vom Campiello eine katastrophe ist, was sie wild und gefährlich macht, kann für den Cavaliere eine aufregende Unterhaltung sein.
In einem weiteren Punkt verläßt Turrini das Original: Es hat ihn schon immer gestört, wenn das Publikum über die Liebessehnsucht älter werdender Frauen lacht. Dieses Auslachen, das so krampfhaft die Angst vor dem Altwerden kaschiert, wollte er dem Publikum nicht schenken. Er wollte zeigen, daß es nicht lächerlich sondern mutig ist, wenn ältere Frauen auf ihrer Sehnsucht nach Liebe bestehen.

Besetzung